HOW TO BECOME A TERRORIST OF BEAUTY?

HOW TO BECOME A TERRORIST OF BEAUTY?

In unseren Pioneer Stories stellen wir Euch regelmäßig spannende Persönlichkeiten mit ihren Projekten und Tätigkeiten vor. So haben wir schon eine Routenschrauberin, Pizzabäcker, Sport-Aktivistinnen und viele mehr interviewen dürfen.

Mit "Terroristinnen" haben wir uns zuvor jedoch noch nie unterhalten. Jetzt ist es soweit. Ihre Waffe ist eine Seife für alles. Ihr Gegner ist die versiffte und industrialisierte Beautywelt, die es mit immer neuen Chemierezepten schafft, uns Menschen einzureden, dass wir nicht hübsch genug sind.

terrorists of beauty hat eine Anti-Bullshit Mission. Wir feiern es riesig und Henning durfte Mitgründerin Natalie ein paar Fragen stellen. 

Enjoy the read:

H: Erzähl uns doch bitte einmal kurz was Du und terrorists of beauty überhaupt machen und wie Ihr darauf gekommen seid.

Bei terrorists of beauty produzieren wir radikal nachhaltige Naturkosmetik und ich bin eine der beiden Gründerinnen. Wir sind halb Konsumprotest, halb Beauty-Brand und fordern eine Revolution im Umgang mit Pflegeprodukten: Unsere Naturseifen ersetzen Shampoo, Duschgel und Gesichtsreiniger auf einmal und werden aus kaltgepressten Ölen in Deutschland gesiedet.

Ergänzt durch unser wiederbefüllbares Deodorant mit Pfand-System, plastikfreie Zahnputz-Tabs und nachhaltige Gesichtsöle minimieren wir den Fußabdruck im Badezimmer. Wir möchten ein Gegenbeispiel zum Wirtschaften der Beauty-Industrie setzen: Unsere Produkte sind handgemacht, vegan, palmölfrei, unisex, plastikfrei - und leiten unsere Verwender:innen dazu an, immer weniger, statt mehr zu konsumieren.



Das Ziel ist, Haut und Haar zurück zu einem natürlichen Gleichgewicht zu bringen. Inspiriert wurden wir zu diesem Projekt durch die Plastikflut in unserem eigenen Badezimmer. Wir lebten 2018 in Hamburg in einer 9er-WG und waren geschockt, wie viele Plastiktuben und -tiegel wir zusammen anhäuften – ganz zu schweige von den vielen schlechten synthetischen Inhaltsstoffen. Wir dachten uns, “Das muss doch anders gehen!” und machten uns an die Arbeit.

5 Jahre später hat sich eine eingeschworene Fangemeinde rund um unsere Marke gebildet. Unsere Community trägt unsere Firma, sodass wir bis heute investorenfrei bleiben konnten.

H: Diese Serie heißt Pioneer Stories, Du hast bereits vor terrorists of beauty schon Leev Hoppe (Apfelsaft versetzt mit Hopfen) gemacht und scheinst kein sonderliches Problem damit zu haben, neue Pfade zu begehen. War das schon immer eher ausgeprägt bei Dir oder kannst Du einschätzen wodurch dieser unternehmerische Entdeckergeist bei Dir kommt?

Ich war früher ein sehr ängstliches Kind, also alles andere als eine Draufgängerin. Aber irgendwann habe ich verstanden, dass ich mir durch meine Angst gepaart mit Überperfektionismus selbst sehr viele Chancen genommen habe. Anfang 20 habe ich dann begonnen, meinen Kopf systematisch umzuprogrammieren: Wann immer ich ängstlich wurde, hab ich mich gezwungen “jetzt erst recht” durch die Situation zu gehen - und durfte merken, dass ganz wunderbare Dinge passieren, wenn man sich nur endlich mal traut!

So habe ich mich dann auch an die Gründung meiner ersten Firma gewagt, leev - eine regionale Fruchtsaftmanufaktur in Hamburg. Ich wollte den Menschen das Gute und Leckere aus der Region schmackhaft machen, statt Tetrapaks voller Flugmangos und chinesischem Apfelkonzentrat in den Kühlschränken zu sehen.

Das war ein echt schwieriger Weg! Ich habe selbst mit meinem ollen VW Transporter Tonnen von Kisten in die Hamburger Gastronomie-Keller und Supermärkte geliefert und mir Kaltakquise beigebracht. Das war eine harte Zeit, aber ich bin sehr daran gewachsen! Woher dieser Gründergeist kam? Das fragen mich meine Eltern auch immer! Ich stamme aus keiner klassischen Gründerfamilie aber ich generiere viel Energie aus mir selbst: Wenn ich eine Idee habe, sehe ich sie kristallklar vor mir und diese Vision Realität werden zu lassen, bringt mir extrem viel Spaß.

H: Nur eins von fünf Startups in Deutschland ist von Frauen gegründet, unter anderem ist die Finanzierung deutlich schwieriger.
Du hast bereits mindestens zwei mal gegründet, wie hast Du Deine Rolle als gründende Frau wahrgenommen und kannst Du Mitstreiterinnen Learnings mit auf den Weg geben?

Statistisch gesehen ist das größte Hindernis für Frauen, dass sie zu sehr an sich selbst oder ihrer Idee zweifeln und auch im Umfeld zu wenig Support erhalten. Beides zusammen lässt leider viele Frauen in Träumen verharren. Ich sehe aber, dass es eine positive Entwicklung gibt: immer mehr Female Startups entstehen!

Als ich mit leev vor 10 Jahren anfing, sah das noch ganz anders aus. Damals wurde ich in der männlich geprägten Getränkebranche belächelt, nach dem Motto “Na Mädchen, was schleppst du denn da an?”. Mit terrorists of beauty hat sich das für mich sehr positiv verändert: Zum einen ist die Kosmetikbranche deutlich weiblicher geprägt, sodass ich mit sexistischen Themen glücklicherweise keinerlei Berührungspunkte mehr hatte.

Aber auch der allgemeine Zeitgeist arbeitet für uns Frauen: Mehr Netzwerke existieren, in denen sich Frauen verbinden können, was Sicherheit und einen positiven Feedback-Loop bringt; beides essentielle Dinge, die das persönliche Umfeld oft nicht leisten kann.

Für mich hat diese Funktion damals meine WG übernommen. Zusammen mit Freunden hatte ich eine Coliving-WG gegründet, also Arbeiten und Leben von neun Selbständigen unter einem Dach. Wir haben uns gegenseitig in unseren Gründungsvorhaben unterstützt, zusammen geweint, Netzwerke aktiviert, Wissen ausgetauscht oder Mut zugesprochen.

Auch terrorists of beauty wurde in dieser WG von Mar und mir geboren und reifte in diesem familiären Inkubator innerhalb von nur 6 Monaten von Idee zu Wirklichkeit. Von daher ist es mein größter Tipp: Sucht euch Verbündete, sprecht laut über eure Idee oder Probleme und ihr werdet sehen, wie Dinge in Bewegung kommen.



H: Kosmetik und Hygiene scheint ein wahnsinniger Trend zu sein, mit eigenen Influencer*innen, großer Auswahl von Produkten und einem kaum durchdringbaren Dschungel an Informationen über Umwelt, Tierversuche und Plastik. Ist das für terrorists of beauty eher förderlich oder schlagt Ihr manchmal auch die Hände überm Kopf zusammen beim Greenwashing der Konkurrenz oder Preiskämpfen?

Als wir 2019 mit terrorists of beauty starteten, waren wir die einzigen auf weitem Feld, die plastikfrei, vegan, natürlich, palmölfrei, unisex und handmade in Germany waren. Unsere Einlistung in der Drogerie-Kette Budni sorgte damals sogar für ein kleines Erdbeben, da niemand bei Budni mit so hohen terrorists of beauty Verkaufszahlen gerechnet hatte!

Heute gibt es eine Vielzahl an Konzernen und Indie-Brands, die auf den “Clean & Green” Zug aufgesprungen sind. Wir sehen aber leider, dass vieles sehr halbherzig konzipiert ist. Als Resultat sind z.B. viele feste Shampoos wieder aus den Drogerien verschwunden, weil sie einfach viel zu aggressiv für Kopfhaut und Haar sind. Viele Menschen haben den Wechsel probiert und enttäuscht wieder aufgegeben.

Ein anderes Problem ist, dass viele Naturkosmetikmarken immer noch die etablierte Geschäftslogik der Beauty-Branche anwenden: Jede Marke will dir immer mehr verkaufen… Bio-Serum hier, Rescued Coffee Peeling da, bla bla bla. Wir stehen mit terrorists of beauty für eine kleine Auswahl an Bathroom Essentials, also das gesunde Minimum, was wir für die Körperpflege benötigen. Diese Essentials stellen wir mit kompromissloser Qualität und Nachhaltigkeit her.

Den Rest liefert unser Körper durch diesen Input von ganz allein: Ein natürliches Gleichgewicht entsteht, sodass wir langfristig weniger oft Haare waschen müssen, die Haut weniger trocken ist, Hautunreinheiten verschwinden, weniger Körpergeruch entsteht etc. Das Endergebnis: Wir alle müssen viel weniger konsumieren, um schön zu sein. Genau das ist das Ziel von terrorists of beauty.



H: Wohin geht Deine Reise noch? Kannst Du Dir vorstellen, Dein aktuelles Schiff in ruhige Fahrwasser zu bringen und dann woanders als Kapitänen anzuheuern? Oder sind die Träume mit ToB noch zu vielfältig und groß?

Wir haben uns letztes Jahr gefragt, wohin die Reise mit dieser Firma, die keine kommerzielle Firma sein will, gehen soll. Wir haben terrorists of beauty seinerzeit mit nur 8000€ Kapital hochgezogen, der Rest ist aus sich selbst, den laufenden Gewinnen, unserer Energie und unserer Community gewachsen. Das Ergebnis unseres Sinnfrage-Workshops war, dass wir diese Firma nicht skalieren wollen.

Skalierung ist die alte Konsumdenke, von der wir uns und unsere Kund:innen ja befreien wollen. Aus Wucherwachstum kann nichts gesundes entstehen, irgendwann kippt das System, z.B. müssten wir in einer skalierten Firma auf Massenproduktion wechseln, Rezepturen ändern, die Kommunikation mit unseren Kunden auf AI umstellen usw. Das sind nicht wir! Wir sind bis heute investorenfrei und niemandem eine Rendite schuldig! Resilienz ist daher unser neues Firmenziel.

Unsere Firma darf genauso bleiben wie sie heute ist, sie soll nur stabiler werden. Wir brauchen dazu verlässliche Partner und Absatzkanäle, eine feste Verbindung zu unseren Kund:innen, feste Werte, die uns leiten - und ja, vielleicht ein paar wenige weitere sinnvolle Produkte für unsere Community, sodass wir gemeinsam die überbordende Greenwashing-Konkurrenz durch schlaue, nachhaltige Essentials ersetzen können.

Wenn wir das schaffen, haben wir die Mission von terrorists of beauty erreicht - und gleichzeitig uns selbst als Gründerinnen auf einen Weg geschickt, der nicht auf Selbstausbeute und Burnout-Stress basiert, sondern uns langfristig sicher und glücklich macht. Warum sollte ich diesen utopischen, selbstgebauten Kutter gegen etwas anderes eintauschen wollen?

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