Bisphenol A in Sportkleidung
Share
Das Östrogen-Plastik
Und wieder einmal schlägt die Chemiekeule zu. Kräftig.
Bisphenol A, kurz BPA, ist mittlerweile vielen ein Begriff. Es ist eine chemische Verbindung, die seit Jahrzehnten für die Produktion vieler Kunststoffe verwendet wird. Am Ende werden daraus Verpackungen, Beschichtungen für z.B. Lebensmitteldosen, PET für Getränkeflaschen, Fasern, Spielzeug, Kunststoffteile jeglicher Art, Thermopapiere, usw.
Eigentlich sollte BPA mal in der Pharmazie Platz finden und als synthetischer Ersatz für das Hormon Östrogen dienlich sein. Im frühen 20. Jahrhundert hat man dann viele Experimente mit Tieren gemacht, um herauszufinden, ob BPA sich dafür eignet. Zuvor hatte man es aus dem Urin trächtiger Stuten gewonnen, das war jedoch aufwendig und teuer.
Kurz darauf konnte man allerdings andere synthetische Stoffe finden, die sich besser dafür eignen. Mit dem Einzug der Kunststoffe in die globale Wirtschaft hat man dann einen weiteren Verwendungszweck für diese tolle chemische Verbindung gefunden, die fortan zur Produktion von allem möglichen verwendet wird.
Nicht ganz sooo gut für uns
Irgendwann hat man festgestellt, dass das BPA, wenn wir unsere Lebensmittel darin einpacken oder damit anderweitig in Kontakt kommen, nicht so gut für uns Menschen ist. Es ist schließlich eine hormonaktive Substanz.
Oooopsi…
Mittlerweile wird Bisphenol A von der Europäischen Kommission als reproduktionstoxisch der Kategorie 1B eingestuft. Deshalb und wegen seiner Eigenschaften als endokriner Disruptor für die menschliche Gesundheit und für die Umwelt wurde Bisphenol A nach dem europäischen Chemikalienrecht als besonders besorgniserregende Substanz (Substance of Very High Concern, SVHC) identifiziert.
Als BESONDERS BESORGNISERREGENDE SUBSTANZ !!!
Als endokrine Disruptoren werden also Stoffe bezeichnet, die mittels Wirkungen auf das Hormonsystem gesundheitsschädigende Effekte hervorrufen. Es ist also wirklich nicht gesund, zu viel davon zu sich zu nehmen, egal ob durch den Mund, die Luft oder über die Haut, da es langfristig ernsthaft schädlich für unsere Gesundheit sein kann.
Diese wollen wir hier nicht alle aufführen, dafür reicht der Platz nicht. Außerdem verzweifelt man bei der Recherche immer mehr und möchte am liebsten auf eine einsame Insel ziehen.
Die höheren Beamten haben sich dann in 2011 dazu durchringen können, in Deutschland Babytrinkflaschen mit BPA zu verbieten. Und seit 2020 auch Kassenbons aus Thermopapier, die BPA enthalten. Denn man hat festgestellt, dass schon der kurze Kontakt mit dem Zeug dazu führt, dass es in den Körper gelangt.
Bitte, das sind doch schonmal gute Erkenntnisse.
Aber was ist denn mit all den anderen Produkten, die uns umgeben – täglich? Die Lobbies der Chemieindustrie machen wohl einfach einen guten Job. Schließlich werden weltweit knapp 6 Millionen Tonnen von dem Zeug produziert und verarbeitet. Immerhin, das sind 0,8 kg pro Erdenbürger. Damit lassen sich doch ein paar gute Dollar verdienen.
In Marktanalysen für Investoren liest sich das dann übrigens so (Zitat Mordor Intelligence):
- Mittelfristig dürften die starke Nachfrage nach Polycarbonat und die steigende Nachfrage nach Epoxidharzen aus verschiedenen Endverbraucherbranchen wie Farben und Beschichtungen, Klebstoffen, Elektro- und Elektronikindustrie, Verpackungen und anderen das Wachstum des Marktes vorantreiben. (Großartig, yeahhh!)
- Es wird jedoch erwartet, dass Vorschriften zur Verwendung von BPA und Umweltbedenken von BPA das Wachstum des Marktes stark einschränken werden. (Mist, was nun?)
- Es wird erwartet, dass die Region Asien-Pazifik den Markt dominieren und im Prognosezeitraum die höchste CAGR verzeichnen wird. (Puhh, zum Glück, wenn wir es hier nicht mehr verarbeiten dürfen, machen wir es halt woanders - also investieren wir weiter)
Stundenlang schwitzen in BPA Sportkleidung?
Da wir uns bei runamics viel mit Sportkleidung beschäftigen, hat uns eine Aktion des Center for Environmental Health aus dem letzten Jahr (2022) wieder einmal ziemlich schockiert.
Sie haben zig Sport-BHs, Hosen usw. von sämtlichen großen Sportmarken auf deren Gehalt von BPA untersucht.
Das Ergebnis: nahezu alle übersteigen die zulässigen Grenzwerte des Bundesstaates.
Teilweise um das 40-FACHE !!
Bitte was?
Sportkleidung tragen wir doch teilweise für viele Stunden und schwitzen sogar darin. BPA in Kassenzetteln wird verboten, aber Unterwäsche und Sportkleidung darf uns Menschen weiter fröhlich vergiften?
Für uns ein weiterer Beleg dafür, das hier gewaltig etwas schiefläuft.
Wir haben uns nochmal mit Hersteller des Cradle to Cradle zertifizierten Polyesters dazu ausgetauscht, welches wir u.a. für unsere C2C Running Shorts und unsere neue PYONEER Kollektion einsetzen.
Die Antwort: "Bisphenol A ist für uns ein absolutes No Go und wird auch nicht in den von uns verwendeten Hilfsstoffen verwendet."
Du willst was dagegen tun? Um Dich selbst zu schützen wird es schwer... weniger verpackte Lebensmittel, Dosenfutter und Kleidung aus herkömmlichem Polyester (die du direkt auf der Haut trägst) konsumieren und verwenden. Kindern das Plastikspielzeug wegzunehmen wird wohl schwer.
Und das CEH hat eine Petition gestartet, die bei Erreichen an die CEOs der großen Sportkonzerne geht. Hier kannst Du unterzeichen. Do it ;-)
Quellen:
Bundesinstitut für Risikobewertung: https://www.bfr.bund.de/de/bisphenol_a_in_alltagsprodukten__antworten_auf_haeufig_gestellte_fragen-7195.html#:~:text=Aus%20der%20Substanz%20Bisphenol%20A,Flaschen%20f%C3%BCr%20Lebensmittel%20verwendet%20wird.
Center for Environmental Health California: https://ceh.org/latest/press-releases/new-testing-shows-high-levels-of-bpa-in-sports-bras-and-athletic-shirts/
The one and only: https://de.wikipedia.org/wiki/Bisphenol_A